Bedürfnisse
Denkt wir an Menschen mit einem Handikap denken, kommen uns sofort Bilder von RollstuhlfahrernInnen in den Kopf. Häufig lassen sich jedoch Beeinträchtigungen aufgrund von körperlichen oder geistigen Situationen von außen nicht erkennen. Eine Sehschwäche, Farbblindheit oder Hörprobleme sind ebenso wenig anzusehen, wie Probleme aufgrund von organischen Gegebenheiten. Dennoch können die Betroffenen (und häufig auch deren Angehörige) kein unbeschwertes Leben führen und an vielen Dingen nicht aktiv teilnehmen. Unsere offene und moderne Gesellschaft hat sich auf die Fahne geschrieben, Barrieren soweit es möglich ist abzuschaffen. Die Ausgrenzung wegen einem Handikap darf nicht länger stattfinden, was in vielen Rechtsverordnungen zwischenzeitig verankert wurde. In vielen Fällen bedarf es nur kleinerer Korrekturen, Ergänzungen oder Maßnahmen, damit Alle an alltäglichen, kulturellen oder touristischen Angeboten gleichermaßen aktiv teilnehmen können. Neben den besagten Situationen, sind barrierefreie Speisekarten im Restaurant (mit entsprechenden Angeboten für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten), Hinweisschilder in Museen oder nachvollziehbare Fahrpläne bei Bussen und Bahnen, ebenso zu nennen.
Im Rahmen ihrer Gästeführung entwickeln sie einen besonderen Blick auf die Bedürfnisse ihrer Klienten. In der Vorbereitung einer Führung oder der anschließenden Abschlussbesprechung mit ihren Partnern, können Sie auf diese gewonnenen Erfahrungen zurückgreifen. Ihre Hinweise sind für die Gastronomie, Freizeit- und Übernachtungsanbieter wertvolle Anregungen, wie das bestehende Angebot kontinuierlich zu verbessern ist. Häufig geben die betroffenen Gäste aus Scham oder mangelnder Nachfrage ihre persönlichen Erfahrungen nicht weiter. Eine negative Qualitätsbeurteilung ist oft die Quittung - dann ist es jedoch zu spät !
Bauliche Barrieren
Bauliche Barrieren umfassen alle strukturellen Situationen, die eine Unfallgefahr oder Benutzungshürde für Menschen mit Handikap darstellen. Hier geht es nicht nur um Rampen und Aufzüge als Ersatz für Treppen, die eine barrierefreie Nutzung sicherstellen sollen. Es sind die Details, die eine unbeschwerte Nutzung beeinträchtigen. Fehlende Ausschilderungen, Markierungen oder verschlossene Türen stellen ebenso Hürden dar, wie Spiegelfassaden, kontrastarme Stufen oder fehlende Geländer.
Ein ohnehin sensibilisierter Betroffene (und seine Angehörigen) werden sich genau überlegen, ob sie sich der Mühe unterzieht und eine Sturzgefahr in Kauf nimmt. Warum sollte man an einem „Behinderteneingang“ klingeln, wenn es alternative Kulturangebote vor Ort gibt ? Der Gesetzgeber fordert eindeutig die Nutzbarkeit in „allgemein üblicher Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe“.
Bedenken Sie immer iweder, es geht nicht nur um Menschen mit einem Handikap. Für Familien mit einem Kinderwagen oder Reisende mit Gepäck sind viele Hürden gleichbedeutend. Der Komfortmehrwert von barrierefrei ausgestalteten Angeboten spricht uns alle im Rahmen der Servicequalität eines professionellen Anbieters an. Im Alltag und besonders im Freizeit- und Tourismusbereich ist die Erwartungshaltung in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Stufen und Rampen
Es fehlt eine optisch abgesetzte Kante an den Stufen.
Ein Geländer fehlt für Menschen mit unsicherem Halt.
Die Schräge ist zu steil und birgt damit eine Gefahr.
Fassaden und Außenbereich
Die Spiegelfassade läßt den Eingang nicht erkennen.
Hinweisschilder zum Eingang sind nicht vorhanden.
Sitzmöglichkeiten würden den langen Weg trennen und erleichtern.
Stufen und Treppen
Die Stufen sind optisch nicht abgegrenzt.
Der Handlauf bietet keinen Halt und Griffschutz.
Die Beleuchtung ist diffus und wirft Schatten.
Türen, Eingänge und Leitsystem
Es sind markante Farben gewählt worden.
Die Aufzugstür und der Eingangsbereich sind farblich abgesetzt.
Auf dem Boden befindet sich ein farbiges Leitsystem.
Wie beurteilen Sie diese Situation ?
Welches Verbesserungspotential erkennen Sie ?
Was können Sie dem Betreiber raten ?
Wie könnte das Gespräch verlaufen ?
Sensorische Barrieren
„Sehen“ und „Hören“ kommen in der Kommunikation und Orientierung eine besondere Rolle zu. Mehr als 80 % unserer Wahrnehmung nehmen wir über diese Sensoren (Kanäle) wahr. Bei Menschen mit einem Handikap erfolgt häufig die innere Kompensation der Defizite. So orientieren sich sehbeeinträchtigte Menschen stärker akustisch und über den Tastsinn. In fremden Umgebungen ist es somit wichtig, für alle Sinne entsprechende Informations- und Orientierungshilfen vorzusehen.
Schriftliche Informationen (zum Beispiel lange Erklärungen zu historischen Ereignissen) werden nur selten genutzt, da sie länger dauert und einen „wachen Geist“ benötigt. Das ist bei längeren Gästeführungen oft zu anstrengen. Die Kombination ist damit sehr hilfreich (zum Beispiel einen akustischen Informationsführer auf dem Handy in Verbindung mit Text- / Bildtafeln an den Exponaten oder Objekten).
Einer besonderen Aufmerksamkeit sind Warn- und Gefahrensituationen zu widmen. So müssen unbedingt akustische und optische Warnanlagen (Sirene und Blitzlicht) in touristischen Einrichtungen verfügbar sein, damit die jeweilige Beeinträchtigung nicht zur Sicherheitsfalle wird.
Wenn Sie sich tiefer in das Thema "Sensorische Barrierefreiheit" einarbeiten wollen, so können Sie sich dazu einen Erhebungsbogen ansehen, der 2009 auf der Bundesgartenschau in Schwerin genutzt wurde.
Eine umfassende Ausarbeitung bietet hier die Chance, Veranstaltungen und Anbieter frühzeitig auf die besonderen Belange von Menschen mit Handikap zu sensibilisieren. Alle Details zu berücksichtigen wird nicht immer möglich sein. Es ist jedoch wichtig, dass man sich dieser Fragestellung aktiv stellt, denn wir werden in den kommenden Jahren mehr oder weniger schnell in eine persönliche Situation eintreten. Dann hilft uns und unseren Angehörigen diese "Pionierarbeit" selbst und steigert das eigene Wohlfühlerleben.
Schriftgestaltung und Kontraste
Die Farbwahl der Schrift erschwert das Lesen.
Die Schriftgröße überfordert sehschwache Menschen.
Der Textumfang ist zu lang, keine Bilder oder Piktogramme.
Barrieren im Service
Die Erwartung an Hilfestellungen wächst zunehmend. Serviceinseln im aktiven Geschehen / Angebot werden positiv bewertet. Man möchte zur Information, Toilette, Ruhezone oder anderen "Nebenangeboten" nicht weite Wege gehen müssen. Treppen, Sonderzugänge oder Schleusen behindert ebenso und die "Servicemitarbeiter" sollen stets entgegenkommend und kundenorientiert wirken. Insbesondere in öffentlichen Einrichtungen, Museen, Ausstellungen oder Objekten mit einer hohen Besucherfrequenz, sind die Hilfestellungen (noch) deutlich verbesserungswürdig.